Nabelschnurblut einlagern: Ja oder Nein?4 Minuten Lesezeit
Im Laufe einer Schwangerschaft kommen viele Fragen auf die werdenden Eltern zu. Viele davon betreffen die Gesundheit der Mutter sowie des noch ungeborenen Kindes. Eine Frage, die uns vor allem ab dem 2. Trimester beschäftigt hat: Sollen wir das Nabelschnurblut einlagern oder nicht? Wir haben Tipps für Eltern, die ebenfalls vor einer Entscheidung stehen.
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Nabelschnurblut einlagern: Wie geht das?
Vor der Geburt wird eine private oder öffentliche Bank kontaktiert, um das Nabelschnurblut zu spenden bzw. einzulagern. Die Bank stellt den werdenden Eltern dann einen speziellen Behälter zur Verfügung, der zur Geburt des Kindes mitzubringen ist. Direkt nach der Geburt fangen Arzt oder Hebamme das Nabelschnurblut in einem kleinen Behälter auf. Die Geburtsklinik kümmert sich im Anschluss um den Transport an die Nabelschnur-Bank. Für Mama und Papa hält sich der Aufwand also in Grenzen, für die werdende Mutter und das Kind ist der Vorgang völlig schmerzfrei.
Was verspricht die Stammzellentherapie?
Keine Frage: Stammzellen aus Nabelschnurblut haben einige Vorteile. Sie sind sehr jung, Schäden am Erbgut sind auf ein Minimum reduziert. Auch sind sie sofort einsatzbereit. Bei leukämiekranken Kindern ist Nabelschnurblut das Mittel der ersten Wahl.
Doch bei welchen Krankheiten sollen diese Zellen tatsächlich helfen? Nach dem heutigen Stand der Medizin sind das (leider) nicht allzu viele. Denn fast alle Therapien (z.B. bei Blutkrebs oder Erbkrankheiten) verwenden Blut von fremden oder erwachsenen Spendern. Das eigene Nabelschnurblut wird nur in Ausnahmefällen eingesetzt, da bei kleinen Kindern, die an Blutkrebs erkranken, sich Vorläufer der Krebszellen oft schon vor der Geburt gebildet haben. Diese Vorläufer sind auch in der Nabelschnur.
Insbesondere in den 80er und 90er Jahren setzte man große Hoffnungen in die Stammzellentherapie. Auch meine Frauenärztin meinte zu dem Thema: „Als ich meine Kinder in den 1980ern zur Welt brachte, war das Einlagern von Nabelschnurblut der große Trend. Man hatte große Hoffnungen in die Fortschritte der Stammzellentherapie zur Bekämpfung verschiedener Krankheiten. Doch leider haben sich diese Hoffnungen nicht wirklich bestätigt.“
Ein weiteres großes Problem in Österreich: Es gibt keine öffentliche Nabelschnurblutbank. So müssen werdende Eltern, die Stammzellen für ihr Kind einlagern wollen, auf private Anbieter zurückgreifen. Und diese sind sehr teuer. So kostet das Einlagern von Nabelschnurblut durchschnittlich 1.500 bis 3.000 Euro als Einmalzahlung. Hinzu kommen die jährlichen Gebühren für die Lagerung. Eingelagert wird für etwa 20 Jahre.
In Deutschland gibt es immerhin fünf öffentliche Banken, die Nabelschnurblut kostenlos einlagern, wenn es gespendet wird. Sie werden durch Geldspenden und Geldern der Krankenkassen finanziert. Eine Grundfinanzierung ist nicht gesichert, sodass chronischer Geldmangel die Folge ist. Öffentliche Banken sind in ihrer Kapazität stark beschränkt und können nur einen Bruchteil von Nabelschnurblut einlagern. Oft ist sogar ein Annahmestop von Blut-Spenden die Folge.
Auch die Einlagerung bei einer privat-geführten Spenderbank in Deutschland kostet Geld. Die Kosten sind mit jenen aus Österreich vergleichbar. Die drei privaten Nabelschnurbanken verfolgen dabei ein gemischtes Konzept: Das Blut bleibt Eigentum der Spender, wobei die wichtigsten Eigenschaften in einer öffentlichen Datenbank hinterlegt sind. Meldet eine Klinik einen bedürftigen Patienten, können die Eltern frei entscheiden, ob sie das Blut für das eigene Kind behalten oder ob sie es spenden und dafür ihre Gebühren zurück erhalten wollen.
Fazit: Keine (eindeutige) Empfehlung der Ärzte für Österreich und Deutschland
Noch ist das Einfrieren von Stammzellen keine Lebensversicherung für das eigene Kind oder künftige Geschwister, sondern eine Hoffnung auf den Fortschritt der Medizin. Eine Entscheidung Pro oder Contra ist nicht ganz so einfach, da nichts eindeutig dafür oder gegen die (private) Einlagerung von Nabelschnurblut spricht.
Die meisten Ärzte sind der Meinung, dass es nach dem heutigen Stand der Medizin keine Anwendungsmöglichkeiten für die eigenen Nabelschnur-Stammzellen gibt. Es mag sein, dass das Kind einmal von dem eingelagerten Blut profitieren wird, es gibt meist aber auch alternative Therapien. Sie raten daher von einer Einlagerung in private Nabelschnurblutbanken ab.
Auch ich habe in Österreich mit verschiedenen Ärzten, darunter auch Experten der Meduni Wien gesprochen. Deren Meinung war eindeutig: Die private Einlagerung von Nabelschnurblut ist (noch) zu teuer und zu unsicher. Sie würden eine Einlagerung keinesfalls empfehlen. Nabelschnurblut mag Vorteile bieten, es ist jedoch selten unersetzlich.
Unsere Entscheidung: Warum wir kein Nabelschnurblut einlagern
Auch uns viel eine Entscheidung für oder gegen das Einlagern von Nabelschnurblut nicht so einfach. Vor allem wollten wir die Entscheidung nicht allein von den anfallenden Kosten (die jedoch wirklich nicht zu unterschätzen sind) abhängig machen. Wir haben uns letztlich gegen die Einlagerung entschieden. Erstens, haben uns alle Ärzte eindeutig davon abgeraten. Zweitens, sind auch für uns die medizinischen Einsatzmöglichkeiten zu unsicher. Solltet ihr euch für das Thema Nabelschnurblut-Spende bzw. -Einlagerung interessieren, sprecht mit eurer Frauenärztin und holt euch den Rat von Ärzten einer Stammzellenklinik ein.